Jazzthing 2012

Monika Roschers Indie Big Band
Es gibt noch faustdicke Überraschungen:

Die bayerische Big Band der Gitarristin und Sängerin Monika Roscher ist eine solche. Ihr Debütalbum, “Failure in Wonderland” (Enja/ Soulfood) hat mit dem herkömmlichen, oftmals leicht nostalgischen Big-Band-Charme nicht viel zu tun, und das liegt an der Extraportion Rock, die Frau Roscher ihrer einzigartigen Mischung verliehen hat. “In mir ist der Drang, Rockgitarre zu spielen”, sagt die Bandleaderin in einem leicht hilflosen Tonfall, “da muss Power drin sein.” Da ist aber auch eine achtzehnköpfige Band, die auf den Drang der Chefin ebenso kraftvoll antworten kann und von Balkan-Brass-Fetzigkeit über New-Orleans-Seligkeitund Mariachi-Schmelz alles draufhat. “Beim Diplomkonzert habe ich ein paar Big-Band-Stücke gespielt”, erzählt Monika Roscher über die Genese ihrer Band, “das kam so gut an, dass ich hinterher bei den Musikern herumgefragt habe: ,Wie wär’s, machen wir ‘ne Big Band?”‘ Die meisten wollten, und das leicht Grobe und Ungeschlachte der Band, das durchaus beabsichtigt ist, ergänzt sich vorzüglich mit subtilen und wispernden Passagen zu einer vitalen und mitreißenden Musik, die in der deutschen Jazzlandschaft einzigartig dasteht.
Es ist tatsächlich eine Band, die man sich nicht nur in Konzerthäusern, sondern auch auf Rockfestivals vorstellen kann. In ihren Texten, die Roscher gerne mal mit verfremdeter Stimme zum Besten gibt, geht es um allerlei sozialkritische bis geradezu philosophische Fragestellungen. In “Time warp” wird mit dem Zeitbegriff gespielt, in “Human Machines” geht es um die voranschreitende Optimierung des Menschen. “Als Mensch kann man sich ja mittlerweile einschweißen lassen”, gibt sie zu bedenken, “aber ob das der Sinn und Zweck unseres Daseins ist?” Zum Höhepunkt der Nummer wird mit wilder Stimme “We want more machines” skandiert – wenn es bei diesen Maschinen um eine Band wie Monika Roschers Indie Big Band geht, kann man sich der Forderung nur anschließen.

Rolf Thomas